Clarissa HallerBusiness-to-Business-Unternehmen sind in den Sozialen Unternehmen zaghafter unterwegs wie Unternehmen, welche im Business-to-Consumer tätig sind. Sie zweifeln, ob die Sozialen Medien für sie nützlich sein können. Beispiele von kleinen und grossen B2B Unternehmen zeigen jedoch, dass Social Media auch von ihnen erfolgreich für den Dialog mit den Stakeholdern eingesetzt werden kann.

Die ABB nutzt Facebook seit 2008, mit Twitter starteten sie ein Jahr später und den YouTube Kanal nutzen sie seit letztem Jahr. Seit anfangs 2012 ist die ABB auf Erfolgskurs. Weshalb dem so ist, erfahren Sie in diesem Interview mit der Leiterin der Unternehmenskommunikation. Frau Clarissa Haller, Head of Corporate Communiations und Group Senior Vice President der ABB Ltd., gibt Auskunft, welcher Strategie sie folgen, wie sie ihre Social Media Community aufbauen und wie sie ihren Erfolg messen.

Frau Haller, welche Strategie verfolgt die ABB in den Sozialen Netzwerken?

Je nach Social Media Plattform unterscheidet sich die von uns verfolgte Strategie. Jede Strategie hat das Erreichen eines Geschäftsziels zur Grundlage. Auf Facebook beispielsweise zielen wir vor allem darauf ab, das Employer Branding und die allgemeine Erkennbarkeit der Marke ABB zu erhöhen. Die Verfolgung einer Strategie bedeutet aber auch, dass diese konstant überprüft und gegebenenfalls angepasst werden muss. Dazu verwenden wir eine Vielzahl an Messgrössen.

Welchen Nutzen bieten Sie Ihren Stakeholdern? – Welchen Nutzen gewinnt die ABB  aus den Sozialen Medien?

Wir nutzen die Sozialen Medien, um mit den Medien und unseren verschiedenen Stakeholdern (Kunden, Investoren, Mitarbeitende, Interessengruppen) in Kontakt zu treten. Es geht darum, unsere Stakeholder zu informieren (Service), unsere Markenbekannschaft zu steigern und uns als «Thought Leader» für gewisse Themen zu positionieren. Die Sozialen Medien bieten die ideale Plattform dafür.

Welche Stakeholder holen Sie mit welchen Plattformen ab?

Grundsätzlich eignet sich jede Plattform für bestimmte Zielgruppen, aber nicht ausschliesslich für diese. Welche Stakeholder über welche Plattform angesprochen werden, hängt auch von den Erfahrungen ab, die wir auf dieser Plattform machen. Statistisch gesehen besteht unser Publikum auf Facebook zu 20-30 Prozent aus Mitarbeitenden und stammt überwiegend aus dem Berufsfeld des Ingenieurs. Auf Twitter sind unsere Stakeholder die Fachpresse, andere Firmen in verwandten Industrien, Ingenieure und spezifische Blogs.

Ist Social Media für B2B geeignet? Wo sehen Sie die Vor- und Nachteile gegenüber B2C?

Social Media eignet sich sehr gut für B2B. Als B2B Unternehmen sind wir vor allem an längerfristigen, nachhaltigen Beziehungen zu unseren Stakeholdern interessiert und versuchen uns auch dementsprechend zu positionieren. Die Sozialen Medien bieten dafür die ideale Platform, da sie zum einen oft genau für solche (nachhaltigen) Dialoge konstruiert wurden und – zum andern und ganz wichtig – uns die Möglichkeit geben, unsere Aktivitäten laufend zu überprüfen und nachzuverfolgen. Die Sozialen Medien bieten uns insofern den Kanal, über welchen wir uns mit unseren Stakeholdern austauschen und langfristige Beziehungen knüpfen können. Ein Nachteil gegenüber B2C besteht gewiss darin, dass sich die Kommunikation auf den Social Media Plattformen dahingehend verändert hat, dass es schwieriger geworden ist, in diesem Umfeld als B2B Unternehmen auf sich aufmerksam zu machen. Natürlich sehen wir diesen Nachteil als Herausforderung, der uns dazu zwingt, unsere Kommunikation entsprechend anzupassen und uns mit einer ‚anderen‘ Sprache vorzustellen.

Wie werten Sie das Engagement in den Sozialen Medien aus?

Je nach Plattform unterscheiden sich Engagement und natürlich auch Messgrössen. Wichtig ist natürlich die Wahl der richtigen Messgrössen, d.h. Messgrössen, die uns helfen, unsere Aktivitäten anzupassen und laufend zu verbessern. Bei Twitter beispielsweise sind Retweets (RT) und Mentions wichtige Kennzahlen. Von Bedeutung ist aber ebenso der jeweilige Twitter Account, von dem aus diese Retweets und Mentions gesendet wurden und auch, ob wir das Gespräch initiiert haben oder nicht. Facebook wiederum bietet uns andere Messgrössen, wie ‚reach‘, ‚talking about this‘ und ‚virality‘. Bei der Beurteilung all dieser Messgrössen müssen wir immer im Auge behalten, welche Messgrösse uns wie helfen können, unsere Ziele zu erreichen. Eine Grösse, die wir beobachten ist zum Beispiel die erzielte Reichweite (Reach).

ABB Reach - Reichweite

Diese Grafik zeigt über einen Zeitraum von zirka 1 Jahr die erreichte Reichweite (reach) mittels Facebook. Wir unterscheiden zwischen Viral, Paid und Organic Reach. Die untenstehende Grafik widmet sich der Kennzahl „people talking about this“.

ABB Sprechen darüber - Facebook

Die Zahlen zeigen, dass ABB seit März 2012 stark zugelegt hat. Worauf ist dies zurückzuführen? 

Die Tatsache, dass die Reichweite und die Anzahl Personen, die darüber sprechen zugenommen haben, ist darauf zurückzuführen, dass wir unsere posts kontinuierlich überprüfen und verbessern. Insofern lernen wir dank dieser Messgrössen, wie wir unser Publikum noch besser erreichen können. Die Aussage, die wir mit diesen Statistiken untermauern, ist die, dass − auch auf Facebook − Inhalt wichtig ist. Content is king. Zusätzlich sind wir heute besser organisiert. So  haben wir heute, im Vergleich zu vor über einem Jahr, eine konstantere Kommunikation auf Facebook. Die erreichen wir dadurch, dass wir täglich Beiträge teilen und rund um die Uhr auf posts und Anfragen reagieren.

Fliessen die in erarbeiteten Resultate eine ROI-Berechnung ein?

Für jede Plattform machen wir eine ROI-Berechnung. Je nach Ziel, den wir mit dem Kanal verfolgen, ergibt sich eine andere Berechnungsweise. Ohne ins Detail zu gehen, können wir klar sagen, dass wir mit den Sozialen Medien einen positiven ROI erarbeiten.

Nutzen Sie dafür eine Balanced Scorecard?

Im Moment nicht, aber dies ist durchaus eine Option für die Zukunft.

Woran erkennen Sie den Erfolg des Engagements für die ABB sonst noch? 

Dass sich das Engagement in den Sozialen Medien lohnt, sehen wir täglich und auf unterschiedlichste Weise: Wir erhalten und bearbeiten Produktanfragen, können effizienter netzwerken, haben eine bessere Sicht des Marktumfeldes, unserer Stakeholder und Kunden, können Risiken besser managen und vieles mehr.

Frau Haller, herzlichen Dank für dieses Interview!