In den verschiedenen sozialen Netzwerken buhlen sehr viele Unternehmen um Aufmerksamkeit, sichtbar sind allen voran die grossen. Auffällig ist, dass die neuen Kanäle nicht mehr bloss für Image-, Werbe und Marketingzwecke genutzt werden, sondern zunehmend für den direkten und schnellen Kundendienst. Unmut über Unternehmen hatte sich früher von Mund zu Mund weiter verbreitet. Beschwerden wurden vom Kunden schriftlich an die Unternehmung gerichtet. Nur in gravierenden Fällen gelangten sie in die Massenmedien oder wurden gar breit diskutiert. Und was geschah mit einem Lob für ein Unternehmen? Dieses verbreitete sich ebenso auf dem Mund-zu-Mund-Weg unter den Freunden weiter, doch meist weniger rasch. Noch seltener lobte ein zufriedener Kunde das Unternehmen direkt, sei es mündlich oder schriftlich.

Positive Feedbacks überwiegen

Dies hat sich fundamental geändert: Heute gelangt eine Beschwerde übers Internet zum Unternehmen oder erreicht über Netzwerke wie Facebook oder Twitter gleich eine unter Umständen sehr grosse Anzahl von Menschen. Sie verbreitet sich so in Windeseile. Einerseits besteht dabei das Risiko eines sogenannten Shitstorms, bei dem sachliche Kritik an einem Unternehmen von zahlreichen unsachlichen Beiträgen übertönt wird. Andererseits können Reklamationen schnell öffentlich in Lob umgewandelt werden.

Internetnutzer wollen beim Kommentieren denn auch nicht primär reklamieren, sondern gemäss der TNS Digital Life Studie 2011  wollen 57  Prozent beraten, 53 Prozent loben, 46 Prozent Erfahrungen austauschen und 46 % wollen sich beschweren, womit die Beschwerden erst an sechster Stelle liegen.

So zeigte die Studie von ReviewPro, die über 90 Millionen Gäste-Feedbacks analysierten, dass 60 % der Rückmeldungen positiv und 28 % neutral, hingegen nur 12 % negativ waren. Die positiven Feedbacks überwiegen in der Regel bei weitem.

Veränderte Mediennutzung der Kunden

Die heutigen Kunden schätzen also eine orts- und zeitunabhängige Befriedigung ihrer Wünsche. Bereits nutzen 56 Prozent dafür E-Mail, SMS, Webapplikation, Social Media, Apps, Chats, Blogs und Foren, zitieren Dimitrova, Kolm und Steimel in ihrem Praxisleitfaden „Social Media im Kundenservice“ vom Juni 2011 die Resultate der Marktbefragung von Aspects. Nur noch 44 Prozent tun dies per Post und Telefon. Die elektronische Kommunikation übernimmt die Führung. Dementsprechend müssen Unternehmen ihr mehr Aufmerksamkeit schenken. Mit dem Einzug der sozialen Medien, die in Grossunternehmen mittlerweile fest etabliert sind, verändern sich nicht nur die Kommunikationsgewohnheiten sondern auch das eine oder andere Business Modell muss sich an die neuen Gepflogenheiten anpassen, denn es wird nicht nur mehr elektronisch kommuniziert, sondern auch bewertet, verglichen und eingekauft. Und dies ist nicht unerheblich: Laut einer Bitkom-Analyse lassen sich 48 Prozent der deutschen Internetbenutzer vor einem grösseren Kauf von Produkten durch Beiträge und Bewertungen anderer beeinflussen (s. Bericht der Projektgruppe Medienkompetenz S. 15)  Etwa jeder fünfte Deutsche nutzt Twitter und Facebook für Servicefragen.

Menschlicher Kontakt bleibt Nummer eins

Online-Kundenkontakt bedeutet jedoch nicht, dass der Kontakt automatisiert werden könnte – schon gar nicht in den sozialen Medien! Der 1:1 Kontakt mit einem anderen Menschen, der durch die Rationalisierung gefährdet schien, feiert ein Comeback. Die Kunden wollen einen direkten Draht. Und so bleibt der direkte Kundenkontakt Qualitätsmerkmale Nummer eins eines guten Kundendienstes. Dies belegt die OVUM-Studie 2009„Weit mehr als die Hälfte der Befragten bevorzugen den direkten Kontakt mit dem Kundenservicemitarbeiter, weil sie eine hohe Wirksamkeit bei der direkten Interaktion für eine Lösung erwarteten.“

Die Erwartungen der Kunden

Eine schöne Übersicht über „Kundenerwartungen im Social Web“ publizierte die Universität Bremen zusammen mit dem Keylens Research Center.  Sie beinhaltet folgende Kernbotschaften für Unternehmen:

Vom Multiplikator und Meinungsführer zum Mittler

UPC Cablecom tat sich bisher nicht immer leicht mit ihren Kunden. Die Kunden mit ihnen leider auch nicht. Immer wieder geraten Kunden auf den Blogpost vom 18. April 2010 von Bloggingtom, um sich ihrem Unmut Luft zu machen. Und dies nicht ganz freiwillig, sondern, weil sie sich nicht mehr anders zu helfen wissen. Thomas Brühwiler, ein bekannter Blogger, war ursprünglich selbst ein reklamierender Kunde und besänftigt heute auch mal beide Seiten, wenn sich die Gemüter erhitzen. Der letzte Eintrag stammt vom 17. Januar 2012. Dieses Beispiel soll Unternehmen zeigen, dass Blogger nicht nur Multiplikatoren und Meinungsführer, sondern auch eine für sie relevante Anlaufstelle werden können.

Kundendienst_upcch_care_modemJust als ich mich zusammen mit Simon Zaugg mit dem Thema Kundendienst beschäftigte, hatte ich plötzlich keine WLAN-Verbindung mehr. Bisher war ich mit meinem WLAN-Anschluss zufrieden und so war mir nicht gleich klar, wo der Fehler lag. Als ich weiterhin nicht verbunden wurde, zügelte ich ins externe Büro mit Kabelanschluss. Sicher ist sicher! Nun wurde es offensichtlich Zeit, dem Twitter-Account von UPC Cablecom – ich habe mich – aufgrund des seltenen direkten Kontaktes – noch immer nicht an den neuen Namen UPC gewöhnt, zu folgen. Kaum hatte ich sie erwähnt, fanden sie heraus, dass ich ein altes Modem besass und sandten mir gleich ungefragt, doch in einem Tweet angekündigt, ein neues Modem. Schneller geht’s nicht!

Kundendienst_UPCCH_Care TweetUPC Cablecom ist offensichtlich dabei, auf Twitter einen guten Job zu machen. Die Vergangenheit haftet dem Unternehmen allerdings noch an. Das Vertrauen muss zuerst wieder hergestellt werden. Die positiven Feedbacks über den erfolgreichen Kundendienst werden jedoch von den Kunden, wenn sie über die sozialen Median gut bedient worden, online auch gerne zurückgespielt.

 

Guter Service will geplant sein

Kundendienst
Wie kann ein Unternehmen den Kunden online einen schnellen und direkten Kundendienst bieten, ohne in der Flut der Reklamationen zu ertrinken? Erfolgreicher Kundendienst ist und bleibt zeitaufwendig – auch in den sozialen Medien. Wird auf den Kunden nicht individuell und zufriedenstellend eingegangen, verbreitet sich der Vorwurf der mangelnden Kompetenz eines Unternehmens rasch in den Weiten der sozialen Medien. Kundendienstmitarbeitende brauchen starke Nerven, denn die Kommentare sind nicht immer auf Augenhöhe. Dabei das Niveau hoch zu halten, ist eine Kunst, der es auf beiden Seiten der Kunden-Kommunikation bedarf.

Um nicht in eines der vielen Fettnäpfchen zu treten, müssen Unternehmen ihre Engagements in den sozialen Medien also gut vorbereiten. Für den Kundendienst gehören neben Kommunikations-, Verkaufs und Produktetrainings die passende Service-Strategie und eine effiziente Organisation dazu.

Eine optimale Ausgangslage für einen guten Social-Media-Support haben dabei Unternehmen, bei denen der Kundendienst bereits offline eine hohe Priorität geniesst. In stürmischen Zeiten sind es die zufriedenen Kunden die dem Unternehmen die Stange halten. Nicht zu vergessen ist, das die sozialen Medien im Marketing und der Kommunikation integriert sein müssen. Es sollen alle Register auf das gemeinsame Unternehmensziel ausgerichtet sein, denn in einem Krisenfall will man auf alle zählen können.

Dranbleiben

Social Media Monitoring gehört zu den ersten Analysen für die Erarbeitung der Strategie und bleibt wichtiger Bestandteil der Aufgabe, um möglichst nahe bei den Dialoggruppen zu sein. Durch regelmässiges und systematisches Monitoring kann beobachtet werden, was sich online tut – wer wo was über das Unternehmen oder unternehmensrelevante Inhalte übermittelt. Dies kann vor unliebsamen Überraschungen schützen. Erste Anzeichen von frustrierten Kunden können so bereits früh wahrgenommen und im besten Fall gleich aus der Welt geschafft werden.

Einführungsschulungen, die gezielte Sensibilisierung für Gefahren und Roadmaps für Mitarbeiter stehen bei der internen Umsetzung in der Regel am Anfang. Dann geht es darum, Erfahrungen zu sammeln und den Kundendienst laufend anhand der Rückmeldungen der Kunden zu optimieren. Der Vorteil für die Unternehmen: In Echtzeit können sie heute erfahren werden, was Kunden bewegt. Der Nachteil: sie müssen korrekt und schnell handeln, da die erwarteten Reaktionszeiten im Netz bedeutend kürzer sind. Im Gegensatz zu den üblichen Reaktionszeiten, bei 24 bis 48 Stunden via E-Mail, wünscht die sich auf den sozialen Medien bewegende Klientel innert Minuten oder zumindest Stunden ein Lebenszeichen eines Kundendienstmitarbeiters.