References@BT

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Wissensmanagement ist für viele Unternehmen eine der aktuellen Herausforderungen. Web 2.0, das sogenannte Mitmachweb, verspricht die Lösung dafür. Aufgrund der zunehmend komplexen Informationsprozesse sind die Web 2.0 Wissensmanagement-Tools prädestiniert, um das Wissen der Mitarbeitenden zu dokumentieren, im gegenseitigen Austausch zu überprüfen und nutzbar zu machen. Im Rahmen einer Exkursion des Studiengangs Multimedia Production der HTW Chur besuchten wir Siemens Mitte Dezember 2010 in Zug.

Über 40‘000 Mitarbeitende zählt die Building Technologies Division des Siemens-Konzerns weltweit. Sie entwickeln und implementieren Produkte und Dienstleistungen für Brandschutz und Gebäudesicherheit, und sind die Nummer eins auf dem Markt der Gebäudeautomatisation. Wir liessen uns vom Senior Manager Knowledge Manager, Dr. Johannes Müller, deren Wissensmanagement-Lösung zeigen. Sie trägt den Namen References@BT. Die Intranet-Plattform References@BT deckt die geschäftsrelevanten Inhalte der Division Building Technologies ab.

Wissen dokumentieren, die Menschen motivieren, Resultate rapportieren

Die offiziellen Ziele, die mit der Wissensplattform erreicht werden wollen sind:

  • Entwicklung einer zuverlässigen Quelle für business-relevantes Wissen
  • Motivation der Mitarbeitenden zur Kommunikation des business-relevanten Wissens
  • Identifikation von Best-Practices für weitere Entwicklungen
  • Entwickeln einer globalen Praxis-Community, Vernetzung der Mitarbeitenden weltweit
  • Entwickeln der dafür notwendigen IT-Anwendung sowie
  • Publikation und Austausch der eigenen Arbeiten und individuellen Erfahrungen nach Bedarf

Suchen, sammeln, teilen, sichten, kommentieren, beurteilen und abonnieren

Der Start der Wissensplattform wurde mit dem Arbeitsbeginn von Dr. Johannes Müller im Jahr 2005 begründet. Er ist als Entwickler, Projektleiter und Administrator für die Wissens-Plattform zuständig. Mit der Sammlung von Projektdaten im Intranet begann er seine Arbeit und stellte die Daten mit einer selbst programmierten Lösung in Form von strukturierten Text-, Zahlen- und Metadatenfeldern ins Intranet. Dadurch wurde schlussendlich eine mehrdimensionale Suchabfrage nach Disziplin, Markt, Ort, Jahr der Fertigstellung u.a. möglich. Der Anfang war gemacht.

Analog den Anwendungen der öffentlichen Plattformen wie Wikis, Blogs und der Facebook-Seiten entwickelte er die Tools, die zudem das soziale Netzwerken ermöglichten. Die Teilnahme daran ist für die Mitarbeitenden freiwillig. Jeder Mitarbeitende hat aufgrund seines Personal-Accounts einen Zugang und kann sich auf der Plattform als Mitglied registrieren. Das Lesen ist allerdings für alle Mitarbeitenden ohne Registrierung möglich.

Die Mitglieder der Plattform haben Zugriff auf:

Profilseiten

  • Profilseite mit Name, optionalem Bild, Standort, Abteilung, Zuständigkeit, E-Mail-Adresse und lokaler Tageszeit
  • Themen-Cloud pro Mitarbeitende/n
  • Projektdaten
  • Projekteinträge in einer bestimmten Struktur mit/ohne Datei-Anhang über: Kundenprojekte, Lösungskonzepte, Service, Prozessverbesserungen
  • Informationen: Marktanalysen, Technologie, Auszeichnungen
  • Lessons Learned

Features

  • Bild pro Projekt
  • Schlagwore / Tags pro Artikel
  • Standort des Projekts wird wahlweise in Google Map oder Google Earth angezeigt
  • Automatische PPT-Generierung des Projektes
  • Kommentar-/Feedbackfunktion
  • Feedback-Funktion (optional kann dabei eine Bewertung von bis zu 5 Sternen vergeben werden)
  • Anzahl Besuche pro Projektseite
  • Diskussionsforen
  • E-Mail-Alert und RSS-Feed Benachrichtigung

Microblogging (wie Twitter)

  • Persönliche Botschaften „ich habe erfahren…“
  • Verweise auf Links
  • Tipps und Tricks
  • Erfolgsmeldungen

„Meine Hauptaufgabe besteht zur Zeit aus dem Community-Building, also der Förderung des Gemeinschaftsgefühls unter den Nutzern der Anwendung“, beschreibt Dr. Johannes Müller seine aktuelle Tätigkeit. Er ist damit vom Wissensdatenbank-Manager zum Community -Moderator avanciert.

Was ist der Nutzen dieses Web2.0-Wissensmanagements?

Obwohl der Nutzen nicht immer quantitativ erfasst werden können, ist er nicht von der Hand zu weisen.

a) Nutzen für die Mitarbeitenden

Die Projekt-Plattform gibt den Mitarbeitenden Auskunft bei folgenden Fragen:

  • Wer ist zuständig?
  • Wer hat schon mal so etwas gemacht?
  • Wie sieht er/sie aus?
  • Wie spät ist es lokal bei/m Gesprächspartner/der Gesprächspartnerin?
  • Was wurde für welchen Kunden zu seiner Zufriedenheit / Unzufriedenheit erledigt?

b) Nutzen für die Kunden

  • Raschere Reaktionszeit auf Kundenanfragen
  • Bessere Lösungs- und Servicequalität
  • Zeit- und Kosteneinsparungen
  • Steigerung der Performance

Die Herausforderungen auf dem Weg

„Haben die Mitarbeitenden nicht ein Eigeninteresse, sich gegenseitig auszutauschen?“ – „Die Mitarbeitenden müssen nicht dazu angehalten werden einander zu unterstützen. Bei einer Anfrage, die eine/r beantworten kann, funktioniert dies von selbst“, bestätigt Dr. Johannes Müller die Frage der Besucherin. „Projektbeiträge zu schreiben ist die grössere Überwindung. Da war ich anfangs stark motivierend tätig, heute geht es darum, positive Erlebnisse zu generieren. Der Rest entwickelt sich durch die Mund-zu-Mund-Propaganda.“

Dr. Johannes Müller überzeugt jene Mitarbeitenden, die ein Problem mit der Benutzung der Plattform haben, nicht nur davon, dass das Tool einfach zu bedienen ist, sondern versucht sie mit seiner Begeisterung anzustecken, damit sie es wieder nutzen. Web 2.0 bedeutet für die Nutzenden nicht bloss die Einarbeitung in eine neue Software, sondern einen kulturellen Wandel hin zur hierarchie- und rollenübergreifenden Wissensteilung – auch über geographische und sprachliche Grenzen hinweg.

Die Früchte der Wissensarbeit

Bereits 7‘400 Mitglieder aus 72 Ländern zählt seine Community. In einer im Jahr 2009 durchgeführten Umfrage, nahmen 1070 registrierte Mitarbeitende teil. 36 % gaben an, die Plattform regelmässig und 64 % sie gelegentlich zu nutzen. Total beurteilten 945 Mitarbeitende, rund 88 %, die Wissensplattform als hilfreich. Interessant war die Korrelation der Häufigkeit der Nutzung mit dem beurteilten Nutzen: Je häufiger jemand die Plattform verwendete, desto höher schätzte er ihren Nutzen ein. Anhand der angegebenen eingesparten Zeit (mehrere Tage, einen Tag, mehrere Stunden) konnte eine Einsparung von 0.67 Tagen pro Person pro Jahr errechnet werden. Ein beachtliches Resultat!

Schlusswort

Ein interessantes Referat über den Aufbau, die Funktionswiese und das Ergebnis der Wissensmanagement-Plattform der Building Technologies Division von Siemens wurde uns begeistert vorgetragen. Ich danke an dieser Stelle Dr. Johannes Müller nochmals herzlich für die perfekte Organisation, die Gastfreundschaft und seinen Bericht aus erster Hand.

 

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