Wonach sollen Unternehmen Ausschau halten, wenn sie Beeinflusser bzw. Influencer (ich nutze die Begriffe synonym) suchen, um ihre Marke online weiter zu empfehlen?

Die MonitoringMatcher Stefanie Assmann und Stefan Evertz haben zur Blogparade «Wie finde ich den Influencer?» aufgerufen. Rund 30 Blogger haben sich bereits mit dem Thema auseinandergesetzt. Auf die Nachfrage meiner Kollegin Marie-Christine Schindler, was ich ihrem Blogpost zu ergänzen hätte, wollte ich einen Kommentar oder einen Blogpost schreiben. So in 140 Zeichen ist das nicht abgehandelt. So entschied ich mich für das Letztere und beginne von vorne.

1. Was ist ein «Influencer?»

«Der Begriff «Influencer ist ein um 2007 entstandener Begriff für eine Person, die aufgrund ihrer starken Präsenz und ihres hohen Ansehens in den sozialen Netzen des Internets für das Marketing interessant wird. Influencer (… ) sind die neuen Supertargets im Marketing. Als Multiplikatoren und Meinungsführer stehen sie im Zentrum ihres eigenen Netzwerks und sind rege mit anderen vernetzt. Sie stärken die Reputation eines Anbieters, verhelfen Produkten, Marken und Services zum schnellen Durchbruch und sichern so den Erfolg.» Quelle: Wikipedia

«Einfluss bedeutet nicht 50’000 Twitter-Followers zu haben, sondern, Wirkung auf Denken, Verhalten oder Handlungen.» Sam Fiorella, Author

Demzufolge sind Beeinflusser ist also alle, die beeinflussen, sondern jene, die – nachhaltig und schlussendlich offline – Wirkung erzielen. Insofern gehe ich mit SuFranke nicht ganz einig. Sie postuliert in ihrem Blogpost, dass jemand, der einmalig beeinflusst, ein Beeinflusser sei. Für Likes, Weiterempfehlungen oder die weitere Verbreitung von Informationen ist bestimmt jeder aus der eigenen Community nützlich und kann wertvolle Empfehlungen auslösen, doch sind sie nicht die gesuchten Beeinflusser, denn das Marketing wird sich auf die relevantesten konzentrieren.

Für die Unternehmen stellen sich folgende Fragen:

  • Beobachten: Wann wird ein Influencer für unser Marketing interessant?
    • Welche Tools können uns unterstützen, welches sind ihre Grenzen ?
    • Welches sind wahre/falsche Influcencer?
  • Ziele stecken: Welche Wirkungen wollen wir durch Influencer verstärken? Welche Ziele wollen wir auf diesem Weg erreichen? Wo und wie soll sich der Einfluss zeigen?
  • Welche Kriterien sind für uns entscheidend?

2. Beobachten: Wann wird ein Influencer für uns interessant?

Influencer sind dann fürs Marketing eines Unternehmens interessant, wenn ein Beeinflusser die gewünschte Wirkung auf die Bezugsgruppe erzielt. Von Vorteil hat der Influencer eine hohe Reichweite. Je nach Ziel kann dieses Kriterium jedoch variieren. Deshalb ist es wichtig, die Funktionsweise der Netzwerke und die Verbindungen zur Offline-Welt zuerst zu beobachten und zu kennen.

Landkarten, die uns in diesem Gelände weiter helfen, bieten uns die Monitoring Tools. Sie sind bei der Beobachtung der Online-Netzwerke unabdingbar. Wir gestalten sie so, dass wir finden, was wir suchen:

  • Themenführer, Meinungsführer und Multiplikatoren (reach)
  • Wer welche Wirkungen erzeugt (resonance)
  • Wer bewegt wen und was? (relevance)
  • Wer sagt was zu welchen Themen, weshalb? (reason why)
  • Wer hat das Potential für zur Übertragung von positiven Imagefaktoren? (reputation)

Grenzen der Monitoring Tools

Tools wie Klout, Rankings oder Social Graphs können Zahlen und Grafiken über die Häufigkeit, Art und den Ort der Online-Kommunikation darlegen. Doch diese bilden nur einen Teil der Wirklichkeit ab: den Faktenteil, den sie messen. Die Durchdringungskraft eines Beeinflussers ist jedoch nicht bloss abhängig von der Reichweite und der Lautstärke, die ein Tool wie z.B. Klout registriert. Hier pflichte ich Falk Hedemann bei

Likes, Retweets und Klicks münden nicht automatisch in Einfluss und Umsatz.

Monitoring Tools geben jedoch wichtige Hinweise, um Online-Beeinflusser aufzuspüren.

Welches sind denn die wahren Beeinflusser?

Es gibt meines Erachtens keine wahren und falschen Beeinflusser, so wie es keine echten und unechten Blogger gibt. Sie sind nun mal sehr unterschiedlich. Vielleicht haben die grossen Leuchttürme grösseres Potential zu beeinflussen, aber auch zu blenden. Unternehmen orientieren sich im Meer der Mitteilungen besser an den für sie relevanten Strömungen statt den grossen Leuchten, die jede/r anpeilt. Ich empfehle, nicht bei jedem Wetterleuchten den Kurs zu wechseln, sondern die eigenen Ziele im Auge zu behalten.

Eine praktikable Strategie, die nicht einengt, sondern als Leitsystem für Influencer-Relations darstellt, ist hilfreich. Diese muss für jedes Unternehmen individuell skizziert werden.

Welche Beeinflusser wie relevant für ein Unternehmen sind, hängt von den gesteckten Zielen ab.

Zu bedenken ist dabei: Influencer sind keine in Stein gemeisselte Inschriften von Personen. Einfluss kann vom einen zum anderen fliessen (der Begriff sagt es aus). Netzwerke sind komplexe Gebilde. Deshalb ist ein regelmässiges Monitoring zentral. Zudem ist ein Klumpenrisiko zu vermeiden. Wie schnell und wie stark sich die Gunst des Online-Volkes ändert, ist u.a. abhängig vom Geschehen in den Netzwerken, der Community und im Markt des Unternehmens. Auch das Image des Beeinflussers kann sich in unterschiedlichen Aspekten auswirken. Daten und Fakten müssen mit gesundem Menschenverstand hinterfragt werden. Ich empfehle zudem, die wichtigsten Beeinflusser persönlich zu treffen. Jedenfalls war dies mein Bestreben, um relevante Blogger für ein Unternehmen zu finden und mir einen besseren Eindruck zu verschaffen.

Beispiel: Die Schweizer Modebloggerin Mirjam Herms hat ihren erfolgreichen Blog „Chic und schlau“ eingestellt und sich umorientiert. Little Adventures heisst ihr neuer Tumbr Blog. Mode ist nicht mehr ihr Thema.

3. Ziele stecken und Resultate messen: Was wollen wir durch Beeinflusser bewirken?

Ein Wirkungsziel kann das Denken, Verhalten oder Fühlen betreffen und in unterschiedliche Prioritäten haben. Wollen wir den Bekanntheitsgrad erhöhen oder die Reputation verbessern? Wollen wir die Anzahl Markennennungen steigern, das Angebot im Markt schneller einführen oder ein Handlungsziel (Adressangabe, Bestellung) auslösen? Wollen wir das Verhalten unserer Bezugsgruppen beeinflussen und eine Gewohnheitsänderung erwirken oder die Reichweite erhöhen?

Ein Fallbeispiel für eine Weiterempfehlung sammelte Boris Baldinger in seinem Blogpost Der Aufruf von Stefan Vetter mündete in einigen Empfehlungen aus seiner eigenen Community:

Boris betont in seinem Blogpost, wie wichtig nicht nur die soziale Präsenz, sondern auch der persönliche Offline-Kontakt ist, der sich über die Sozialen Medien ergab. Empfehlende sind noch keine Multiplikatoren, können es jedoch sein. Empfehlende sind nicht immer Multiplikatoren und diese sind nicht immer auch Meinungsführer. Unternehmen suchen alle drei, je nach Priorität ihrer Ziele.

Die Spreu vom Weizen trennen: Wer hat wirklich Macht im Markt? 

On- und Offline ist bezüglich des Return on Investmens für ein Unternehmen nicht so eindeutig zu trennen, wie es uns die Online-Welt glauben machen will. Deshalb ist meine Frage als Vertreterin eines Unternehmens: Wer hat wirkliche Macht im Markt? Welche Beeinflusser sind online, welche offline besser erreichbar? Worauf konzentrieren wir uns wie stark? Die On- und Offline-Welt gilt es zu verknüpfen. Meines Erachtens ist es für ein Unternehmen nicht wesentlich, wie viele Veranstaltungen ein Beeinflusser besucht oder wie regelmässig jemand postet. Es gibt Menschen, die sind an unzähligen Veranstaltungen dabei und online aktiv, also Mulitplikatoren. Meinungsführern sind sie deshalb nicht. Entscheidend für Unternehmen ist, dass der Beeinflusser im Stande ist, die erwünschte Wirkung zu erzielen.

Fachexperten aus der Wissenschaft sind Koryphäen auf ihrem Gebiet und in der Regel mit einer sehr hohen Glaubwürdigkeit ausgestattet. Sie brauchen sich nicht in den Sozialen Medien zu verausgaben (siehe Beispiel: Ansgar Zerfass). Obwohl er nur 84 Tweets veröffentlichte, darf er mit einer für dieses Engagement unüblich hohem Mass an Aufmerksamkeit rechnen. Gemäss Edelmann Trust-Barometer 2014 (Folie 21) stehen Wissenschaftler oder Fachexperten in der Glaubwürdigkeit am höchsten und haben im Vergleich zum Jahr 2009 im 2014 sogar noch zugelegt. Meinungen der Fachexperten werden online manchmal wie kleine Medienereignisse gefeiert.

4. Welche Kriterien sind für uns relevant?

Um ein nachhaltige Beeinflusser oder Botschafter zu gewinnen, interessieren meines Erachtens folgende Eigenschaften:

  • Einfluss, etwas in unserem Markt, den unternehmensrelevanten Bezugsgruppen etwas bewegen zu können
  • Kongruenz der Unternehmenswerte mit den Werten der Influencer
  • Image und Reputation der Beeinflusser (Imagetransfer)
  • Authentizität, Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit
  • Reichweite, Aktivitätsgrad
  • Netzwerk on-/offline, beruflich/privat
  • Fachkompetenz, Expertenstatus (Forscher, Professoren, Fachexperten, usw.)

Kann es Unternehmen egal sein, welche Reputation die Mulitplikatoren und Meinungsführer haben? Hauptsache die Message gelangt zum Adressaten? Meiner Meinung nach nicht. Wie glaubwürdig sind Beeinflussende, die sich von «jedem» Unternehmen für sich einnehmen oder gar bezahlen lassen? Was geschieht, wenn unsere Beeinflussung transparent wird?

Diese Fragen muss jedes Unternehmen für sich selbst beantworten und Grenzen für die eigenen Netzwerk-Aktivitäten festlegen. Wie beim Sponsoring kann das Image eines Meinungsführers auf die empfohlenen Marken abfärben.

Beispiel: Blogger, welche in meinen Augen wiederholt ethische und moralische Grenzen überschreiten (Diskriminierungen von Alter, Rasse usw.), auf deren Kontakt und Empfehlungen verzichte ich. Ich kann keinem Unternehmen empfehlen, diese aktiv anzugehen. Unternehmen, die ihre Beeinflusser nicht persönlich kennen, könnten überrascht werden. Das Gegenargument: Online wird vieles schnell vergessen. Meine Meinung: Das Reputationsrisiko lässt sich minimieren.

Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit stehen gegen Manipulation und Käuflichkeit im Spiel.

Wann dies zu ein Problem für die Glaubwürdigkeit wird, möchte ich in einem nächsten Blogpost veranschaulichen, damit dieser nicht zu lange wird.

Eins davon vorab: 

Manche Gratwanderungen glücken, andere nicht.