Am Content Strategie Camp Dieburg vom 6./7. Juni war der Begriff, was unter Content Strategie verstanden wird, eines der zentralen Themen. Ich beschäftige mich schon eine Weile damit und habe ich mich auch mit den wertvollen Beiträgen von Doris Eichmeier, Sascha Stoltenow, Heinz Wittenbrink und Thomas Pleil vor und nach dem Barcamp auseinandergesetzt. Mir ist  das übergeordnete Ganze ein wichtiges Anliegen. Umso mehr bedaure ich, bei der Taufe dieses Barcamps nicht selbst dabei gewesen zu sein, möchte zum Thema gerne meinen Beitrag leisten. Eine übergeordnete Strategie für den Content ist für mich die eine logische Konsequenz der Entwicklung, die den Content zum King gekrönt hat.

In Deutsch wird der Begriff «Content Strategie» erst seit Oktober 2012 mittels Google Webtrends gefunden. In Englisch tauchte er bereits Ende 2006 im Web auf. Hierzulande nehmen sich vorerst Experten der Klärung und Abgrenzung des Begriffs an und sinnieren über die sinnvolle und effiziente Umsetzung der sich stellenden Aufgaben. Das eine oder andere Unternehmen hat sich bereits an das Thema herangewagt, andere haben Elemente daraus im Zuge der Zeit selbstverständlich berücksichtigt − wie auch Thomas Pleil aus Unternehmensperspektive berichtet. In der Schweiz sind dies zum Beispiel Swisscom, die Suva. Das KMU Veloplus hat sich ebenfalls der Content Strategie verschrieben, um auch ein kleines Unternehmen zu nennen. International ist Coca-Cola Vision 2020 der bekannteste Case. In den meisten Unternehmen ist eine explizite Content Strategie jedoch noch nicht angekommen. Über 90 Prozent der Unternehmen weltweit haben keine formale Content Strategie, stellt eine Studie von Gartner fest. Doch um die Unternehmen und ihren Content geht es.

1. Was ist eine «Content Strategie»?

«Unter Content Strategie (dt. Inhaltsstrategie) versteht man das strategische Planen, Produzieren, Verbreiten und Steuern aller Inhalte. Der Begriff umfasst ein sich wiederholendes System für den ganzen redaktionellen Prozess.» Quelle: Wikipedia

Wikipedia kreiert diese Definition aus Zitaten von Richard Sheffield, «The Web Content Strategist’s Bible» und Kristina Halvorson,  «The Discipline of Content Strategy». Interessant ist, dass die Definition bei Wikipedia nur in Englisch nachzulesen ist. In Deutsch findet man den Begriff nicht, Content Marketing hingegen schon.

Content Strategie ist für mich eine logische Konsequenz der Entwicklung, die den Content zum King gekrönt hat und sie ist gleichzeitig ein Anfang einer neuen Form der  koordinierten Content Kommunikation, die die crossmedialen Aspekte vertieft berücksichtigt und den konsistenten, kundengerechten Auftritt mit den dazu passenden Arbeitsprozessen kombiniert.

2. Was leistet eine Content Strategie?

Eine Content Strategie gibt Antworten darauf, welcher Content, warum und wie publiziert werden soll. Sie

  • identifiziert Themen, die für die Leser relevant sind
  • definiert Schlüsselthemen und Botschaften
  • zeigt die Lücke zwischen bestehendem Content und benötigtem Content auf (Content Audit, Gap Analyse)
  • baut die Brücke zwischen Unternehmenszielen und den gewünschten Inhalten der Anspruchsgruppen
  • überbrückt die Grenzen zwischen on- und offline
  • wirkt abteilungsübergreifend
  • verbessert die Konsistenz von Inhalten über alle Abteilungen, Kanäle und Sprachen hinweg
  • steigert die Effizienz bei der Erstellung und Verbreitung von Inhalten
  • bestimmt die Metadaten für Frameworks
  • verbessert die Benutzerfreundlichkeit (User Experience) von Webseiten
  • definiert und optimiert die notwendige Daten für die Suchmaschinen (SEO & SEM)
  • beinhaltet, wie und wo Inhalte verteilt und verwaltet werden
  • gibt Auskunft über die passenden Content Management Arbeitsprozesse

3. Abgrenzung zu Content Marketing

Die Content Strategie definiert das WARUM und das WIE, das Content Marketing das WAS dem Kunden WANN geliefert wird. Inhalt geht über das Marketing und über Online-Medien hinaus und benötigt deshalb eine übergreifende Strategie, die alle Stakeholder einbindet.

Die Content Strategie ist die Basis, die Vorbereitung für ein exzellentes Content Marketing, wie dies auch John Doherty, in seinem Blogpost «Ask An Expert: Content Marketing vs. Content Strategy – What’s the Difference?» schön beschreibt, und damit unabdingbar für konsistente Inhalte.

4. Wann braucht ein Unternehmen eine Content Strategie?

Woran erkennen Sie, dass Ihrem Unternehmen eine Content Strategie fehlt? Sieben Hinweise habe ich für Sie zusammen getragen.

1. Sinkende Aufmerksamkeit. Ungenügende Anpassung an die neuen Medien.

  • Potentielle Kunden finden Ihr Unternehmen auf Google nicht.
  • Werbung wirkt nicht mehr effektiv, eine neue Strategie, um die Kunden zu gewinnen und zu behalten fehlt.
  • Langweile auf den Plattformen: Besucher und Lesende reagieren kaum auf neue Beiträge
  • Form und Inhalt stimmen nicht mit dem Medium überein. Der Name des Events ist nicht webtauglich, die Bilder passen nicht ins CMS, usw.
  • Zuerst wird gedruckt, dann aufgeschaltet: Die Informationen, die auf die Website aufgeschaltet werden, sind «alt». Die Broschüren und die Website sind identisch. Dem dynamischen Aspekt der Website wird der gedruckte Content nicht gerecht, er ist schnell veraltet und wirkt langweilig.

2. Behindernde Arbeitswege. Ungeeignete Redaktionsprozesse 

  • Hierarchische Prozesse behindern den Informations- und Publikationsfluss. Wenn es darum geht, crossmediale Inhalte möglichst rasch und in verschiedenen Formaten auch mal wieder zu verwerten, kann Hierarchie hinderlich sein, indem sie zu wenig flexibel und zu wenig schnell ist.
  • Die dezentralisierte Organisationsstruktur verhindert eine hohe Qualität der Inhalte.
  • Die Sprachversionen haben einen zu unterschiedlichen Stil und es fehlt der rote Faden.
  • Die Redaktionsteams haben keine klare Strategie, nach der sie Inhalte aussuchen und auswählen.
  • Inhalte sind intern schwierig auffindbar und/oder können nicht schnell genug in der nötigen Qualität geliefert werden.

3. Überall gibt’s PDFs, doch nirgends eine Übersicht

  • Kunden rufen an, weil sie ein altes PDF finden, das intern niemand findet oder niemand mehr kennt.
  • Chaos beim Datenmanagement: Viele Abteilungen produzieren und verwalten Content in Eigenregie.
  • Zu verstreute Inhalte: Es gibt keine gemeinsame Übersicht über geplante oder aufgeschaltete Inhalte.
  • Die Inhaltsstruktur lässt zu wünschen übrig. Die gleiche Information wird zu oft und an unpassenden Stellen gefunden.
  • Keine Planung, wann Inhalte «ablaufen» oder überprüft werden sollten.

4. Uneinheitliche Botschaften und verwirrende Informationen

  • Wenn die vielen neuen Kanäle mit ihrer Zersplitterung klaren Botschaften den Garaus gemacht haben.
  • Uneinheitliche Auftritte in den verschiedenen Netzwerken
  • Unterschiedliche Argumentarien zu Fragen der Anspruchsgruppen sind im Umlauf.
  • Wenn Ihre Mitarbeitenden aus verschiedenen Abteilungen unterschiedliche Auskünfte auf die gleiche Frage geben.

5.  Unterdurchschnittliche Qualität der Inhalte

  • viele Leute, auch nicht dafür ausgebildete, publizieren Content
  • oberflächliche, langweilige, zu produkt- oder techniklastige Inhalte
  • keine erkennbare Stories, langweilige Inhalte

6. Hohe Kosten, kein erkennbarer Nutzen

  • Bisher unbeantwortete Fragen nach den konkreten Zielen und der Strategie wie man sie erreichen will, verhindern ein erfolgreiches Vorgehen.
  • kein wirksames Monitoring
  • definierte Schlüssel-Kennzahlen (KPI)  fehlen
  • fehlende Guidelines für Kreation, Publikation und Governance

7.  Weitere schöne praktische Beispiele

sind bei Doris Eichmeier im PR-Blogger zu lesen.

War diese Ausführungen für Sie hilfreich? – Welche Aspekte interessierten Sie besonders? Und über welche Themen möchten Sie mehr erfahren?

Meine persönlichen Linktipps

Quellen