Schaffen die Banken den Paradigmawechsel zum Digital Business rechtzeitig? Der Erfolg der Vergangenheit lähmt die Innovation. Und kein Start-up-Unternehmen kann so schnell eine Bank sein. So versuchten die Banken ihren Markt zu schützen. Sie haben sich dadurch eine Hürde geschaffen, die sie daran hindert, sich auf neue Erfordernisse schnell einstellen zu können. Wie können Sie ihr Geschäftsmodell anpassen, damit die Finanzhochburg Schweiz weiterhin erfolgreich bleibt?

Ein Tweet schreit nach staatlicher Unterstützung. Dabei ersticken die Banken gerade in ihren eigenen Strukturen, Verbindungen und nicht zuletzt der Überregulierung. Und die FINMA will Startups gar nicht dabei unterstützen, Tritt zu fassen. Sie fehlt auch an der Konferenz, der Finance 2.0 vom 5. Mai 2015.

Für die angebrochene digitale Zeit brauchen die Banken:

Haben das die Schweizer? Die Schweiz ist ein kleiner Markt, hat eine überaus hohe Bankendichte und ist überreguliert. Schaffen sie es? Sie haben genügend Kapital und genügend Talent. Doch die Zeit schreitet fort, die Konkurrenz in den Nachbarländer auch, doch die Schweiz, die bisher eine Finanzhochburg war, ist unter dem Begriff Fintech auf Google noch nicht auffindbar.

Bei den CEOs der Banken ist das Thema «Digital Business» mittlerweile angekommen. Wie sieht der Weg für die Schweizer Finanzdienstleister aus? Hans-Joachim Steinbock macht einen Vorschlag: «Wir müssen uns entschieden auf den Weg machen und dabei den Wert des Alten im Auge behalten». Er lehnt sich mit seinem Manifest an das Manifesto for Agile Software Development an. Ich persönlich habe etwas Bedenken, dass auf den starken, alten und verkrusteten Strukturen so etwas agiles wie Digital Business erfolgreich wachsen kann. Der Paradigmawechsel in der Bank ist langsam unterwegs. Mit dem 6. Punkt des Manifestos „Orchestration over integration“ könnte es klappen, dass die Banken den Zug nicht verpassen. Die eine oder andere Bank ist auch schon auf dem Weg, nicht zuletzt mit dem Swiss Fintech Innovation Lab, wie Andreas Iten es in seinem Referat vorzeigt, das auch von SIX tatkräftig unterstützt wird.

Hans-Joachim SteinbockSteinbocks Shortlist als Wegweiser auf dem Weg zur digitalen Bank

  1. BEHAVIOR over segmentation
  2. HYBRID ADVISORY over autopilot
  3. CONVENIENCE over security
  4. SOCIAL over client advisor only
  5. CONTEXTUAL INSIGHTS over reporting
  6. ORCHESTRATION over integration
  7. DIGITAL LEADERSHIP over technology only

1. Behaviour over segmentation

Bisher wurden Kunden nach Vermögensgrössen, Regionen und/oder Alter segmentiert. Unser tägliches Leben funktioniert jedoch nicht so. Vielmehr entscheidet intrinsisches Interesse an Geld sowie zum Beispiel die aktuelle Situation darüber, wie wir uns verhalten. Das bedeutet dass ein digitales Angebot für alle Vermögensgrössen verfügbar gemacht werden muss. Zudem sind Netzwerke mit digitalen Services zu bedienen, in Ergänzung zu den personalisierten Services.

2. Hybrid Advisory over autopilot

Digitalisierung ist nichts Neues. Die erste Welle hat sich auf Effizienz und Automatisierung konzentriert. Operative Geschäfte wurden bereits verlagert. Nun kommen weniger strukturierbare Prozesse zur Digitalisierung. Ein face-to-face-Kontakt kann durchaus sinnvoll sein, um die Lage des Kunden als erstes zu umfassend zu beurteilen. Die vorangehende Initiierung und Vorbereitung des Kontaktes wird zukünftig digital sein. Digital heisst nicht nur digital, sondern erlaubt dem Kunden zu wählen, was er tun möchte – nicht nur Selbstbedienung. Der Kunde erhält die Wahlfreiheit: digital und physisch, hin und zurück. Die Herausforderung für die Banken ist, dass sie ihre Geschäfte auf diese hybride Situation neu ausrichten. Sie müssen ihre Dienstleistungen dort anbieten wo und wie der Kunde es will, nicht wie die Bank es will.

3. Convenience over security

Heute treibt der Wunsch nach Convenience mehr und mehr den angemessenen Security-Level. Die Security der Kunden-Sicherheit wird zwar eine der wichtigsten Voraussetzungen im Digital Banking bleiben, doch «One-size Security» ist vorbei. Die IT muss neu mit unterschiedlichsten ad-hoc Situationen umgehen. Dadurch wird Security weniger sichtbar, aber nicht inexistent und das schafft Mehrwert für die Kunden.

4. Social over Client advisor only

Der Relations Manager war bisher der persönliche Kontakt und gleichzeitig der einzige Kontakt. Die neue Generation von Kunden sucht den Dialog. Da tut sich die Lücke zwischen Kundenberater und Kunden auf. Um seine Investitionsentscheide abzustützen, sucht der Kunde weitere Kanäle und Informationen von Experten und Communities bis hin zu crowd-basierten Services. Dazu gehört Sentifi oder Stockpulse, die in den Beratungsprozess eingebunden werden können. All diese Service-Layers fehlen heute in den Banken noch weitestgehend.

5. Contextual insights over reporting

Standard reports sind nach wie vor die Regel. Mit Personalisierung hat das wenig zu tun, ausser über 20 Millionen. Digitalisierung bedeutet, die Daten zu veredeln, zu vereinfachen. «Reduce to the max» und zwar kontextabhängig, ohne den Kunden zu überladen. Automatisation gehört dazu.

6. Orchestration over monolithic integration

Keine Redundanz in der IT-Architektur zu haben, ist der Wunsch, doch Legacy ist eine Realität. Statt einer vollständig integrierten, evt. monolithischen Lösung müssen Banken nun vielmehr in der Lage sein, zugekaufte Software und Fintech zu orchestrieren. Die Flexibiltät durch Entkopplung ist entscheidend. Unterschiedliche Geschwindigkeit gilt es zwischen Front-end und Back-end zuzulassen. APIs werden zu entscheidende Werkzeugen. Modul für Modul, App für App müssen Banken dort rasch Vorteile generieren, wo für die Kunden Vorteile zu erreichen sind.

7. Digital Leadership over technology only

Digital ist zu einem CEO-Thema geworden. CEOs sprechen darüber, manche haben einen CIO neben sich. Noch wichtiger ist jedoch, dass das Digitale Business ein integraler Teil der Geschäftsstrategie wird, digital als integraler Bestandteil des Geschäftsmodells. Der Paradigma-Wechsel muss jedoch auch in den Köpfen stattfinden. Notabene in enger Zusammenarbeit mit den Fintech Providern, die als aktiver und wichtiger Enabler dienen. Das bringt Banken schneller voran, als wenn die Digitalisierung als eine rein technologie-betriebene Sache betrachtet wird.

Collective Intelligence: Welches sind die wichtigsten 5 Punkte?

Am Ende der Rede soll das Publikum bestimmen, welches die wichtigsten fünf Punkte dieses sieben Punkte Manifestos sind. Dies taten sie, indem sie einen QR-Code fotografierten und dann ihre Wahl und ihre Messages via Handy abgaben. Hier die Resultate. Social Media hatte den tiefsten Punktestand. Das Bewusstsein für diese Services scheint den Banken noch zu weit weg zu ein.

Die meisten Lacher heimsten übrigens die vom Publikum eingesandten Messages wie «Coffee before long talks» und «50 shades over grey» ein.

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